Die Einführung der PPR 2.0, einer überarbeiteten Regelung zur Pflegepersonalbemessung, setzt Krankenhäuser unter Zugzwang.
Bis 2026 ist die Bereitstellung von rund 40.000 zusätzlichen Pflegefachkräften notwendig, was angesichts des Fachkräftemangels eine immense Aufgabe darstellt.
Krankenhäuser müssen daher neue, kreative Wege in der Personalarbeit gehen, um den Bedarf laut PPR 2.0 decken zu können.
In diesem Artikel zeigen wir auf, welche flankierenden Maßnahmen Krankenhäuser ergreifen können, um die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern, Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu binden. Praxisbeispiele und Lösungsansätze sollen Krankenhäuser dabei unterstützen, die Herausforderungen der PPR 2.0 zu meistern.
Was ist die PPR 2.0?
Die PPR 2.0 ist das neue Instrument zur Ermittlung des Pflegepersonalbedarfs in der Krankenhauspflege in Deutschland. Diese Regelung zielt darauf ab, eine bedarfsgerechte und transparente Pflegepersonalplanung in Krankenhäusern zu etablieren.
Die wichtigsten Punkte zu PPR 2.0:
- PPR 2.0 soll verbindlich vorgeben, wie viele Pflegekräfte pro Schicht auf bettenführenden Stationen eingesetzt werden müssen.
- Krankenhäuser müssen Patienten in eine von 16 definierten Aufwandsgruppen einstufen, um den Pflegeaufwand zu ermitteln.
- PPR 2.0 soll eine bedarfsgerechte Pflege für Patienten sicherstellen und die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessern.
- PPR 2.0 wurde in einem Probelauf 2020 in 44 Krankenhäusern getestet und als praktikabel bewertet.
Steigert PPR2.0 die Attraktivität des Pflegeberufs?
Ein zentrales Ziel der Einführung von PPR 2.0 ist es, die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern und so die Personalgewinnung und -bindung in Krankenhäusern zu verbessern. Eine Berliner Kardiologie-Station stellte während des Probelaufs fest: “Wäre die Relation von Pflegekräften und Patient*innen wie in der PPR 2.0, hätten wir 40 Prozent mehr Personal und endlich wieder Zeit für Pflege und Zuwendung.”Wenn wir die laut PPR 2.0 nötigen Pflegekräfte hätten, müssten wir nicht ständig verschiedene Tätigkeiten gleichzeitig machen. Wir könnten einen Leitungsdienst haben, der ans Telefon geht, so dass die anderen nicht immer wieder bei der Pflege unterbrochen werden. Wir könnten geplant und in Ruhe unsere Pausen nehmen und pünktlich rauskommen. So sollte es sein.
Beschäftigte einer Inneren und Neurologie-Station in Oberfranken
Maßnahmen zur Überwindung des Personalmangels in Vorbereitung auf PPR 2.0
Um die Vorgaben der PPR 2.0 erfüllen zu können, sind neben der direkten Personalbemessung flankierende Maßnahmen essenziell:
Ausbau der Ausbildungskapazitäten:
Krankenhäuser sind gefordert, ihre Ausbildungsplätze zu erhöhen, um den steigenden Bedarf an Pflegefachkräften zu decken. Viele Einrichtungen haben begonnen, ihre Kapazitäten auszubauen, müssen diese Bemühungen jedoch intensivieren. Entscheidend wird es zudem sein die Ausbildungsqualität zu erhöhen, um die hohe Unzufriedenheit und Abbruchquoten abzufangen. Weitere Impulse liefert unser Artikel “Gen Z für die Pflegeausbildung begeistern”.
Gewinnung von Quereinsteigern und Rückkehrern:
Attraktive Angebote zur Umschulung und Wiedereingliederung können helfen, Menschen aus anderen Berufsfeldern für die Pflege zu gewinnen sowie ehemalige Pflegekräfte zurück in den Beruf zu führen. Viele ehemalige Pflegekräfte würden in den Beruf zurückkehren, wenn sich die Bedingungen verbessern. An anderer Stelle haben wir dies bereits tiefer beleuchtet.
Flexible Arbeitszmodelle und Stundenerhöhung von Teilzeitkräften:
Die Erhöhung der Arbeitszeiten von Teilzeitkräften bietet ein unmittelbares Potenzial, den Personalmangel kurzfristig zu mildern. Viele Pflegekräfte sind bereit, mehr zu arbeiten, sofern flexible Arbeitszeitmodelle angeboten werden.
Aufbau eines Flex- oder Pflegepools:
Um den zusätzlichen Personalbedarf durch PPR 2.0 decken zu können, setzen einige Krankenhäuser auf den Aufbau eines Springer-, Flex- oder Pflegepools. Die Vorteile sind die kurzfristige Abdeckung von Personalengpässen, eine effizientere Auslastung des Pflegepersonals sowie attraktive Arbeitszeitmodelle für die Pflegekräfte. Allerdings erfordert der Aufbau und die Verwaltung eines Flex-Pools auch zusätzlichen organisatorischen Aufwand. Krankenhäuser müssen sicherstellen, dass die Pflegekräfte gut qualifiziert sind und sich schnell in neue Bereiche einarbeiten können.
Nachhaltige Recruiting-Maßnahmen aufbauen:
Krankenhäuser und Kliniken müssen Strategien aufbauen, um kontinuierlich neue Bewerbungen von Pflegekräften zu erhalten. Dazu gehören ein wettbewerbsfähiges Angebot sowie eine Reihe an Maßnahmen, die “auf Knopfdruck” aktiviert werden können. Sie können sich “post and pray” nicht mehr leisten.
Verstärkte Anstrengung zur Bindung von Pflegekräften:
Neben der Gewinnung neuer Fachkräfte müssen Krankenhäuser auch verstärkte Anstrengungen zur Bindung des bestehenden Pflegepersonals unternehmen. Stichwort “Mitarbeiterzufriedenheit”. Dazu gehören die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Entlastung der Beschäftigten, attraktive Fort- und Weiterbildungsangebote, flexible Arbeitszeitmodelle und Unterstützung bei der Work-Life-Balance sowie eine wertschätzende Unternehmenskultur und Förderung des Teamgeists. Nur wenn es gelingt, Pflegekräfte langfristig an das Krankenhaus zu binden, können die Herausforderungen durch PPR 2.0 bewältigt werden.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie:
Nicht zuletzt müssen Krankenhäuser auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Pflegekräfte weiter verbessern. Flexible Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuungsangebote und eine familienfreundliche Unternehmenskultur können hier entscheidend zur Personalgewinnung und -bindung beitragen. Zwei Drittel der Berufsaussteiger haben den Pflegeberuf verlassen, weil er nicht mit dem Familienleben vereinbar war.
Digitalisierung:
Intelligente Personaleinsatzplanung, Dokumentationstools und Automatisierung von Routinetätigkeiten können Pflegekräfte entlasten und so zur Attraktivitätssteigerung beitragen.
Ready for PPR2.0?
Die erfolgreiche Umsetzung der PPR 2.0 erfordert von Krankenhäusern eine proaktive und kreative Herangehensweise an die Personalgewinnung und -bindung. Durch die Implementierung gezielter Maßnahmen und das Lernen von erfolgreichen Praxisbeispielen können Krankenhäuser nicht nur den aktuellen Herausforderungen begegnen, sondern auch langfristig die Attraktivität des Pflegeberufs steigern und eine hochwertige Patientenversorgung sicherstellen.
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