Der Baby-Boomer-Effekt: Wenn die Pflege kippt 

Mehr Pflegebedürftige, weniger Pflegekräfte – der Babyboomer-Effekt stellt das Gesundheitswesen vor eine zunehmende Herausforderung. Der “DAK-Pflegereport 2024” hebt hervor, dass wir in den nächsten 25 Jahren einen Anstieg von rund 2,3 Millionen mehr Menschen erwarten, die pflegerische Unterstützung benötigen werden. 

Parallel dazu wird ein Rückgang der verfügbaren Pflegefachkräfte prognostiziert, da viele Pflegende dieser Generation in den Ruhestand gehen. 2029 werden wir die ersten Kippunkte erreichen.

Diese Entwicklungen erfordern eine umsichtige Planung und innovative Ansätze, um den Bedarf effektiv zu decken. 

Erste Kippunkte für 2029 prognostiziert

Die Arbeitsmarktreserve in der professionellen Pflege sinkt rapide. Eine der alarmierendsten Entwicklungen ist der prognostizierte Rückgang der Arbeitsmarktreserve in der beruflichen Pflege. Laut aktuellem DAK-Pflegereport wird diese Reserve von derzeit 2,0 Prozent im Jahr 2025 auf nur noch 0,5 Prozent im Jahr 2030 absinken. 

Dies deutet darauf hin, dass bereits in wenigen Jahren in einigen Bundesländern, darunter Bayern und Bremen, sogenannte Kipppunkte erreicht werden. An diesen Punkten wird der Nachwuchs an Pflegefachkräften die altersbedingten Berufsaustritte nicht mehr ausgleichen können

Die folgenden Grafiken geben einen Überblick über diese Entwicklung in verschiedenen Bundesländern:

Schmelzen der Arbeitsmarktreserven: Kippunkte in der Pflege

Bis 2025 halten sich die Zahlen der Pflegefachkräfte, die neu in den Beruf einsteigen, und jene, die ihn altersbedingt verlassen, noch die Waage. Dies markiert eine kritische Wende, bei der die Arbeitsmarktreserve der Pflegebranche dramatisch abschmilzt.

Pflege ist ein regionaler Beruf, stark abhängig von lokalen demografischen und wirtschaftlichen Bedingungen. Daher erfordert die Bewertung der Situation eine regionale Perspektive, die unterschiedliche Bedürfnisse und Herausforderungen berücksichtigt. Trotz der Bemühungen, die Personalkapazitäten zu erweitern, wird ein demografisch bedingter Aufbau nicht möglich sein. Die Stabilisierung der Personalzahlen könnte bestenfalls durch Zuwanderung und die Förderung niedrigerer Qualifikationsebenen, wie bei Assistenzberufen, erreicht werden.

Die nächsten fünf Jahre werden entscheidend sein, und es ist unwahrscheinlich, dass signifikante Verbesserungen in der Infrastruktur oder bei der Arbeitsentlastung für Pflegekräfte erzielt werden können. In Nordrhein-Westfalen jedoch zeigen frühere Investitionen in die Altenpflege bereits Wirkung, und obwohl auch hier ein Personalmangel herrscht, wird kein unmittelbarer Kipppunkt erwartet.

Hohe gesundheitliche Belastungen des Pflegepersonals

Ein weiteres kritisches Thema ist die gesundheitliche Belastung des Pflegepersonals. Mit durchschnittlich über 50 Fehltagen pro Jahr bei Beschäftigten in der Altenpflege, die älter als 58 Jahre sind, liegen diese weit über dem Durchschnitt anderer Berufsgruppen. Diese hohe Belastung ist vor allem auf Erkrankungen des Bewegungsapparates und psychische Belastungen zurückzuführen. Letztere treten in Pflegeberufen bis zu 44 % häufiger auf.

Spezifische Programme, die auf die Bedürfnisse älterer Pflegender abgestimmt sind, können dazu beitragen, deren Arbeitsfähigkeit länger zu erhalten und ihre Lebensqualität zu verbessern.

Baby-Boomer: Problem und Lösung zugleich

Interessanterweise zeigt der Report auch auf, dass die Baby-Boomer nicht nur ein Problem des Pflegesystems darstellen, sondern auch ein Teil der Lösung sein können. Durch die Förderung von Modellen geteilter Verantwortung und die Etablierung von ambulant betreuten Wohngemeinschaften könnte die Baby-Boomer-Generation wesentlich zur Entlastung des Pflegesystems beitragen. Dies erfordert jedoch eine gesellschaftliche Umstrukturierung und die Schaffung von Anreizen für nachberufliches Engagement und bürgerschaftliche Initiativen.

Steigender Bedarf und schwindende Personalressourcen

Die demographische Transformation in Deutschland führt zu einem kontinuierlich steigenden Bedarf an pflegerischer Unterstützung. Gleichzeitig nehmen die Personalressourcen aufgrund des demographischen Wandels innerhalb des Pflegepersonals selbst ab. Dies verschärft die Diskrepanz zwischen Bedarf und Verfügbarkeit qualifizierter Pflegekräfte, was zu erheblichen Herausforderungen im Gesundheitssystem führt.

Wie der Pflegeberuf in Zukunft attraktiver gestaltet werden kann und wie wir die Gen Z für die Pflege begeistern, haben wir an anderer Stelle bereits diskutiert.

Schlussfolgerung

Die im DAK-Pflegereport aufgeführten Daten und Erkenntnisse legen nahe, dass ohne signifikante und kreative Lösungen zur Bewältigung dieser Herausforderungen das deutsche Pflegesystem in naher Zukunft vor ernsthafte Probleme gestellt sein wird. Im Report werden 16 Projekte aus je einem der Bundesländer vorgestellt. Die Lektüre lohnt sich. Auch Interessant könnte für Sie unser Artikel “Innovative Lösungsansätze zur Gewinnung von Pflegepersonal” sein, in dem wir 12 Projekte vorstellen. Es ist entscheidend, dass alle Beteiligten – von politischen Entscheidungsträgern über Gesundheitsdienstleister bis hin zur Gesellschaft insgesamt – zusammenarbeiten, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen und eine nachhaltige Pflegeinfrastruktur sicherzustellen.

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